Festivalhighlight: Stationenlesung ON THE ROAD

Ein literarischer Spaziergang durch St. Stefan ob Stainz

Am Samstag, dem 28. September 2024, erlebten die Teilnehmer:innen des Literaturfestivals „Worte bewegen“ einen besonderen Höhepunkt: Die Stationenlesung ON THE ROAD, ein literarischer Spaziergang durch St. Stefan ob Stainz, lud dazu ein, Literatur auf innovative und bewegende Weise zu entdecken. Trotz schlechter Wetterprognose konnte, zur Freude aller Besucher:innen, der Literaturspaziergang im Freien stattfinden.

Festivalleiter Stefan Gmünder eröffnete die Veranstaltung pünktlich um 11:00 Uhr auf der Terrasse des Stieglerhauses, dem Kulturzentrum, das mittlerweile 7 Jahren als Treffpunkt für Kulturinteressierte dient. In seiner Begrüßung betonte Gmünder die besondere Atmosphäre, die sich durch das mobile Format ergebe: „Literatur in Bewegung – das ist nicht nur unser Motto, sondern wird hier wortwörtlich lebendig.“ Mit einer mobilen Tonanlage ausgestattet, setzte sich die literarische Karawane in Bewegung.

Stationenlesung ON THE ROAD 02

„On th road“ – Stationenlesung
Foto: Michael Sticher, fotografist.at

Stationenlesung ON THE ROAD 08

Lesung Textausschnitt Irene Diwiak
Foto: Michael Sticher, fotografist.at

Die erste Station führte die Gruppe über den Hauptplatz von Stefan zur Trafostation, wo Irene Diwiak einen Ausschnitt aus ihrem Text „Winterschlaf“ las. Gmünder stellte die Deutschlandsberger Autorin mit ihren bisherigen Erfolgen vor und lobte ihre Fähigkeit, „literarische Spannung und tiefgründige Themen in einer prägnanten, eindringlichen Erzählweise zu verdichten“. Diwiak, die bereits 2008 den FM4 Wortlaut Literaturpreis gewonnen hatte, fesselte das Publikum mit einer Erzählung über eine Paarbeziehung, Distanz und körperliche Nähe.

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Lesung Textausschnitt Peter Enzinger
Foto: Michael Sticher, fotografist.at

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Lesung Textausschnitt Johanna Hieblinger
Fotos: Michael Sticher, fotografist.at

Als zweiter las Peter Enzinger, ein mehrfach ausgezeichneter Lyriker und Prosadichter, aus seinem Werk „IN THE HALL OF THE MOUNTAIN KING“. Der gebürtige Salzburger überzeugte mit seiner poetischen Sprache und dem Gespür für atmosphärische Dichte, während er sich durch den historischen Raum seiner Erzählung tastete.

Nach einem kurzen Marsch über den Ortsfriedhof, durch einen kleinen Waldabschnitt erreichten die Teilnehmer:innen eine weitläufige Wiese, wo Johanna Hieblinger aus ihrem Text „Ich möchte mit einem Menschen sprechen“ las. Die Autorin, die durch ihre Erzählung „Allergie“ bekannt wurde, präsentierte einen Szenenausschnitt aus einer Konversation der Ich- Erzählerin mit einem Chatbot, die schlußendlich scheitert.

Auf der Lichtung las anschließend Marcus Fischer aus seinem eingereichten Werk „Atembremse“. Der Autor, der mit dem Rauriser Literaturpreis für seinen Roman „Die Rotte“ ausgezeichnet wurde, demonstrierte erneut seine Fähigkeit, dichte Erzählungen mit psychologischer Tiefe und gesellschaftlicher Relevanz zu verknüpfen.

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Lesung Textausschnitt Marcus Fischer
Foto: Michael Sticher, fotografist

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Lesung Textausschnitt Mercedes Kornberger
Foto: Michael Sticher, fotografist.at

Die literarische Reise setzte sich fort und führte die Gruppe zu einem Maisfeld mit Blick auf Schloss Stainz. Mercedes Kornberger stellte dort ihren Text „Eine Selbstaufgabe“ vor. Kornberger, die nicht nur als Autorin, sondern auch als Moderatorin einer Wiener Lesereihe bekannt ist, zog das Publikum mit ihrer klaren und präzisen Sprache in den Bann. Gmünder hob ihre Rolle als eine der aufstrebenden Stimmen der jungen Literatur hervor.

Stationenlesung ON THE ROAD 03

Lesung Textausschnitt Anna Ladurner
Foto: Michael Sticher, fotografist.at

Stationenlesung ON THE ROAD 09

Lesung Textausschnitt Valeria Anna Lampe
Foto: Michael Sticher, fotografist.at

Diese Station war auch geprägt von der Erzählung „Das Manuskript“ von Anna Ladurner, die ihre Erfahrungen als Weltenbummlerin in eine atmosphärisch dichte Geschichte übersetzte. Ihre Arbeit, die sich unter anderem mit biografischen Erzählformen auseinandersetzt, beeindruckte durch ihre intime Nähe und die Vielschichtigkeit ihrer Protagonist:innen.

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Lesung Textausschnitt Zarah Weiss
Foto: Michael Sticher, fotografist.at

Die letzte Station führte die Teilnehmer:innen zu einem idyllischen Bauernhof, wo Valeria Anna Lampert und Zarah Weiss ihre Werke präsentierten. Lampert las aus ihrem Text „In Schichten“ und bot einen faszinierenden Einblick in die menschliche Psyche. Weiss folgte mit „In einer zerstückelten Welt“ und präsentierte einen komplexen, stilistisch ausgefeilten Text, der die Zuschauer:innen in eine fragmentierte und doch packende Erzählwelt entführte. Beide Autorinnen überzeugten mit ihren individuellen Stimmen und hinterließen einen bleibenden Eindruck.

Nach knapp zweieinhalb Stunden endete der Spaziergang zurück im Stieglerhaus, wo das Bio-Catering „Tischlein deck dich“ die Teilnehmer:innen mit einem wohlverdienten Mittagsbuffet empfing. Die literarische Wanderung hatte nicht nur einen eindrucksvollen Einblick in die eingereichten Texte geboten, sondern war auch eine ideale Einstimmung auf die feierliche Preisverleihung am Nachmittag.

Die „Stationenlesung ON THE ROAD“ zeigte, wie Literatur durch Bewegung eine neue Dimension erhält – sie wird erfahrbar, sichtbar und erlebbar. Texte, die im direkten Zusammenspiel mit der Umgebung gelesen werden, entfalten eine besondere Magie, die bei einem traditionellen Vortragsformat oft verborgen bleibt. Es ist dieses innovative Format, das das Festival „Worte bewegen“ zu einem ganz besonderen Ereignis im Literaturkalender macht.